KLAUS ZIEGENHAGEN

Zülpich, 7.6.2007


Lieber Rolf,


beim Abschied in Berlin am Morgen nach der schönen Geburtstagsfeier hast Du mir – fast im Vorbeigehen – noch eine Hausaufgabe mitgegeben, die zugegebe­nermaßen eigentlich nicht zu lösen ist, da sie in Wirklichkeit eine grundlegende Frage nach dem Menschenbild aufwirft. Sie ist Teil der Philosophie und hat die ganze Menschheit seit Beginn ihres Selbstverständnisses bewegt, und es gibt eine unübersehbare Fülle von wissenschaftlichen Arbeiten der Philosophen, Theologen und Mediziner darüber. Jetzt soll ich Dir dazu mein Verständnis über das Wesen des Menschen von Anfang an in einem überschaubaren Umfang er­läutern. Ich will es versuchen. Aber erwarte nicht ein Literaturverzeichnis oder Zitate von Philosophen, Medizinern und Theologen von mir.


Es gibt einen Zirkel von Begriffen, die hier zu betrachten sind: Vertrauen – Prä­gung – Verstand – Bewusstsein – Vernunft – Vertrauen. Du siehst, der Kreis schließt sich wieder, warum das so ist, wirst Du am Schluss sehen.


Also fangen wir an.


Vertrauen - Prägung

Der Mensch entsteht mit einer befruchteten Eizelle. Schon im Mutterleib wer­den mit der Entwicklung des Gehirns die ersten schon genetisch veranlagten Verknüpfungen von Nervenzellen unterschiedlich stark angeregt. Die ersten Er­fahrungen gelangen in diesen Software-Organismus. Ähnlich wie unser leibli­cher Organismus, der unsere materielle Existenz trägt, ist das immaterielle Ge­bilde der Informationen in unsrem Gehirn in viele Areale mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen gegliedert. Die grundlegende Struktur wird beim Aufbau durch Gene mit 3 Millionen Einzelinformationen bestimmt, die sich seit der ers­ten Zellteilung in jedem Zellkern befinden und immer weiter vervielfacht wer­den - die Einheit in der Vielfalt, das grundlegende Evolutionsprinzip in dem von uns überblickbaren Universum.


Wir sind uns darüber klar, dass der Mensch nicht materiell sondern immateri­ell zu verstehen ist. Er ist eine wesenhafte strukturierte Sammlung von Infor­mationen, die in der Verknüpfung der Neuronen im Gehirn gespeichert ist und dort agiert, also kein statischer Daten-Pool. Um nur einen groben Überblick über die Größenordnungen zu geben: stellen wir uns einen Mückenschwarm vor, wobei jede Mücke ein autonomes Gehirn von 1 Million Informationseinhei­ten hat, dann bildet unser Gehirn rein zahlenmäßig einen Schwarm von circa 300 000 Mücken, die ständig im mehr oder weniger direkten Informationsaus­tausch stehen. (Beiläufig sei nur erwähnt, dass die Anzahl der Neuronen in un­serem Gehirn etwa auch mit der Zahl der Galaxien im Universum überein­stimmt.)

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Die ersten Erfahrungen vor und nach der Geburt bilden auch den Start der Kommunikation des Menschen mit seiner Umwelt. Dieser Austausch der Infor­mationen ist jedoch sehr einseitig. Wir empfangen die vielfältigsten Daten über unsere Sinne. Im Gehirn verstärkt sich zunehmend der ständige Prozess der mehr oder weniger starken Anregung und Verknüpfung der Nervenzellen, ohne dass wir in der Lage sind alles zu prüfen. Hier entsteht die erste Prägung. Wir behalten eine Fülle von Information und vertrauen intuitiv darauf, dass diese wichtig sind und unserem Wesen dienen.


Es gibt jedoch ein aus der tierischen Epoche unserer Entwicklung herrührendes effektives Überlebenssystem, dass uns z.B. Gefahren oder Unter- oder Überver­sorgung unserer leiblichen Struktur erkennen lässt und sofort unsere leibli­chen Organe steuert und/oder Alarm schlägt. Auch unsere Körperhaltung, der Kreislauf und der Stoffwechsel sind z.B. vegetativ gesteuert. Das hat uns nie­mand beigebracht oder erklärt, das ist in den Genen angelegt. Es ist nicht ge­prägt - also von außen vermittelt - worden, sondern von der Zeugung an vorhan­den.


Wir müssen also trennen zwischen Prägung und Veranlagung. Die wissenschaft­lichen Erkenntnisse siedeln heute das Verhältnis zwischen Prägung und Veran­lagung etwa bei 30% zu 70% an.


Eine wesentliche Erkenntnis der heutigen Wissenschaft ist, dass die weitaus größte Zahl der Neuronen im Gehirn zu Beginn der Lebenszeit des Menschen – und auch bis zu seinem Tod – unbenutzt und nicht mit Informationen beauf­schlagt ist – also auch nicht irgendwie geprägt.



Verstand – Bewusstsein

Schon bald nach der Geburt verdichten sich die Informationen im Gehirn, das übrigens von verschiedenen internen Taktgeneratoren unterschiedliche immer wiederkehrende Impulse bekommt. Ohne diese stetigen Impulse ist kein Leben möglich. Auch die Verarbeitung der Informationen geschieht schrittweise. So kommt es dazu, dass einzelne Informationen über unsere Sinne wiederholt das Gehirn mit gleichem oder sehr ähnlichen Inhalt erreichen. Es kommt beim Ver­gleich mit angeborenen oder schon erworbenen Erkenntnissen zu Vorgängen der Bewertung und Wiedererkennung. Häufig vorkommende Erkenntnisse wer­den als besonders wichtig markiert und gespeichert. Seltene Erfahrungen wer­den bald vergessen.


Einen wesentlichen Anteil bildet die ständige Überwachung des vegetativen Nervensystems, das für unser Überleben und die weitere Sicherheit der Aufnah­me von Wahrnehmungen durch unsere Sinnesorgane zuständig ist.


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Das kleine Kind erfährt zunächst alles als von außen einströmend. Erst der lau­fende ständige Vergleich des eben Erlebten mit dem Datenkranz des momenta­nen Informationsflusses und der Plausibilitätsprüfung ermöglicht eine Einord­nung als wirklich oder unwirklich. Das ist ein sehr schwieriger Prozess, der viel Erkenntniskraft oder Verstand in sehr kurzen Zeiträumen benötigt. Mindestens siebenmal in der Sekunde läuft ein kompletter Vergleich aller neuen Informatio­nen mit schon bekannten ab, insbesondere mit den Daten, die in der letzten Siebtelsekunde das Gehirn erreicht haben. Nach einiger Zeit erlebt das Gehirn etwas Erstaunliches. Es erkennt bestimmte Dateninhalte als wesensgemäß, da sie immer wieder vom eigenen Verhalten abhängig sind. Es ist schon ein beson­deres Erlebnis, dabei zu sein, wenn ein kleines Kind sich selbst im Spiegel er­kennt.


Zeitgleich erkennt das Kind intuitiv, dass es auch Informationen gibt, die we­sensgemäß in ihm vorhanden sind, ohne dass sie je von außen aufgenommen wurden. Das sind zunächst die Gefühle als Reaktion auf äußere und innere Ein­flüsse des Leibes aber dann auch innere Erfahrungen der eigenen Persönlich­keit – schließlich die der eigenen Individualität an sich, der eigenen Seele.


An dieser Stelle muss ich – ohne weiter in die Tiefe zu gehen - etwas über den Begriff des Bildes einschieben. In der Regel verbinden wir dies mit dem Prozess der Abbildung. D.h. es gibt einen Prozess (einen zeitlichen Ablauf), wobei zu­nächst ein Datenkranz von Informationen in einer originalen Struktur vorliegt. Dann gibt es einen Vorgang, der ein Bild erzeugt mit dem Ergebnis, dass wie­der ein Datenkranz von Informationen existiert, der vom Original dadurch abge­leitet ist, dass es zwischen Original und Bild ein System von Kriterien gibt, die die Elemente des Originals mit den Elementen des Bildes so verknüpfen, dass wesentliche Informationsinhalte des Originals auch im Bild erkennbar bleiben.


Beim Spiegelbild ist das z.B. einfach erkennbar. Gehen wir von einem Betrach­ter aus, der in den Spiegel schaut und sich selbst betrachtet. Er sieht sich, aber Links und Rechts sind durch die Reflektion der Lichtstrahlen vertauscht.


Nun ist dieser Begriff der Abbildung nicht unbedingt an einen zeitlichen Ablauf gebunden. Im Gegenteil, es gibt Methoden, bei denen ein zeitlicher Ablauf auf eine zeitlose Struktur abgebildet wird, etwa die Fourier-Transformation. Auch unsere Gene sind ein zeitloses Bild von unserem durch Geburt und Tod zeitlich begrenztem Wesen.


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Weiterhin muss an dieser Stelle etwas über die Begriffe Raum und Zeit ange­merkt werden. Die Vorstellung davon ist uns nicht vererbt oder eingeprägt son­dern als Erfahrung in unserem Leben vermittelt worden. Der Zeitbegriff kommt als ablaufende Kette von Sekundenbruchteilen in unserem Gehirn vor, weil durch dessen Taktgeneratoren eine Fülle von konsekutiv und konzessiv verbun­denen Prozessen aneinandergereiht werden, teils mit zyklischen Wiederholung­en zur Festigung der Speicherung.


Insbesondere durch das Sehen und die Kette der Bilder von der Außenwelt er­fahren wir die räumliche Struktur durch die Ähnlichkeit der Bilder in zeitlicher Abfolge und entwickeln daraus eine abstrakte Erkenntnis oder Vorstellung (wie­der ein Bild) von Raum und Zeit. Die Physiker wissen heute, dass es zwei Arten von Zeit gibt, quasi eine dimensionale (ähnlich einer räumlichen Dimensi­on) und eine ablaufende Zeit, die wir als die eigentliche Zeit empfinden. Wir haben hier nur ein vereinfachtes Bild der Wirklichkeit in unserem Kopf. Das hängt mit beschränkten Fähigkeiten unserer Sinnesorgane zusammen. Wir können z.B. auch kein Infrarot oder Ultraviolett sehen. Unsere Ohren nehmen Luftschall mit Frequenzen von etwa 16 Hz bis 20 KHz wahr.


Aus diesen und anderen Wahrnehmungen bauen wir uns ein Bild von der Au­ßenwelt und unserer Innenwelt auf, das wir ständig als Grundgerüst für die Plausibilitätsprüfungen unseres Bewusstseins verwenden. Wie schwer unser Gehirn daran zu arbeiten hat, können wir daran erkennen, dass es oft nicht ein­fach ist Traum von Wirklichkeit zu trennen. Auch aus den Aufzeichnungen der Menschen in der Vergangenheit wissen wir, dass es sehr lange gedauert hat, bis sich die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass die Erde keine Scheibe ist, und dass die Erde die Sonne umläuft und nicht umgekehrt.


Ein bekanntes Gleichnis für diesen Vorgang der Abbildung und der Erkenntnis­kraft unseres Verstandes stammt von Plato, das sogenannte Höhlengleichnis. Der Betrachter lebt schon immer in der Höhle, war noch nie draußen und beob­achtet die Schatten der Menschen, die beim Vorbeigehen durch den Höhlenein­gang auf die Wände in der Höhle fallen. Der Bewohner kennt nur diese dunkel­en flächigen Gebilde und hält sie für die eigentlichen Wesen, ohne zu erkennen, das diese nur sehr vereinfachte Abbilder der draußen Lebenden sind.


Unser Verstand hebt uns dann auf eine neue Stufe der Erkenntnis, wenn es ge­lingt, weitere Informationen (auch z.B. durch neue Messgeräte, wissenschaftli­che Analysen und/oder informationsverarbeitende Systeme) zu erlangen und da­mit das in uns aus den bisherigen Erfahrungen verfügbare Bild von der Außen­welt oder von uns selbst zu erweitern oder zu verfeinern. Damit entfernen wir uns immer weiter von der kindlichen Prägung durch die anfänglich ungeprüften Informationen. Wir lernen, dass auch diese Erfahrungen mit Hilfe unseres Ver­standes hinterfragt und ggfls. widersprüchliche Erkenntnisse verworfen werden müssen.

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Vernunft – Vertrauen

Das in uns immer weiter verfeinerte Bild über uns und die Welt wird nun aber nicht nur durch unsere Sinneswahrnehmungen bestimmt, sondern sehr wesent­lich von Anfang an durch die Kommunikation mit unseren Mitmenschen. Wir müssen klar erkennen, dass hier der größte Einfluss neben Prägung, Verstand und Bewusstsein auf uns ausgeübt wird. Ja, der Mensch ist ohne den Informati­onsaustausch mit anderen Menschen nicht lebensfähig – oder sehr, sehr behin­dert. Damit wir andere Menschen verstehen, müssen wir ein System lernen, dass uns konkrete und abstrakte Informationsinhalte vermittelt. Die Erfindung der Sprache, die auch wieder System von Abbildungen darstellt, ist der eigent­liche Sprung im Evolutionsprozess der informationsverarbeitenden Wesen auf diesem Planeten. Diese Methode Gedanken zu kommunizieren ist genial, weil sie sich sehr gut an die Strukturen und Funktionen in unserem Gehirn anlehnt. Dazu kommen dann noch Motorik und Mimik, die den sprachlichen Ausdruck verstärken oder einfach ergänzen, wenn es zu einer persönlichen Begegnung kommt.


Damit fängt es ja auch an bei der ersten Begegnung zwischen der Mutter und ihrem Kind. Ein Austausch von Informationen ist aber nur maßgeblich, wenn zwischen den Kommunikationspartnern ein Grundvertrauensverhältnis besteht. Fehlt das Vertrauen in Wahrhaftigkeit und innere Geschlossenheit der übermit­telten Informationen (z.B. bei Sinnestäuschungen oder unwahren Informationen des Kommunikationspartners), dann können wir allenfalls daraus lernen, dass wir schon wieder hereingefallen sind. Wir fahren über eine Brücke im Vertrau­en darauf, dass sie tragfähig erbaut, kontrolliert und gewartet ist. Wir steigen in das Flugzeug mit dem Vertrauen, dass vorn ein gut geschulter und erfah­rener Pilot sitzt und dass das Flugzeug in technisch einwandfreiem Zustand ausreichend betankt startet.


Ohne Vertrauen in andere Menschen und deren Erkenntnisse sind wir relativ hilflos. Gleichzeitig zeigt dies uns unsere Verantwortung für uns selbst und an­dere Menschen, mit denen wir es zu tun haben. Wir erkennen, dass wir als Menschen frei sind und unser Versagen nicht auf andere Menschen oder Um­stände verlagern können.


Aus Fehlern lernen wir. Im Zuge unseres Lebens bauen wir uns zusätzlich zu unseren Kenntnissen und durch unseren Verstand ein System von Regeln, Ord­nungen und Schemata auf, dass uns befähigt – besonders im Austausch mit an­deren Menschen – durch deren Kriterien alle Informationen zu bewerten. Wir versuchen sie als gut und schlecht, nützlich oder unnütz, wertvoll oder wertlos oder dazwischen einzuordnen und setzen sie damit in Beziehung zu den Kriteri­en und Maßstäben, die wir im Zuge der Zeit für uns selbst als wesentlich er­kannt haben.


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Wir prüfen alle Erkenntnisse und Mitteilungen darauf , ob sie das von uns dafür erwartete oder erhoffte Vertrauen in die Plausibilität ihrer Inhalte und die Red­lichkeit der Kommunikationspartner rechtfertigen. Anderenfalls brechen wir die Kommunikation zum Schutz unserer eigenen Persönlichkeit ab. Bei Zuwendun­gen an uns müssen wir entscheiden, ob sie uns liebevoll, wohlwollend oder gleichgültig zuteil werden. Anderenfalls kann es ein Angriff gegen uns sein, dem wir entweder mit Verteidigungsmaßnahmen, Ausweichmanövern oder ge­duldig oder nur mühsam ertragenem Leid begegnen. Entscheidungen über un­seren Lebenslauf, so weit wir ihn steuern können, sind nur mit Vernunft und Vertrauen zu einem für uns positiven Lebensinhalt zu treffen. Der Verstand, un­sere Intelligenz und viele Erfahrungen formen uns zwar, sie bilden aber nicht den Charakter des Menschen (es gibt z.B. in allen Schichten u.a. sehr intelligen­te Verbrecher).


Vertrauen

Wir landen wieder beim Anfang – wie prognostiziert. Die Vernunft als Methode der Beurteilung der uns erreichenden Erkenntnisse, die wir praktisch fast nur durch die anderer Menschen empfangen, kann nicht die alleinige Basis des menschlichen Wesens sein. Wir sind extrem auf laufende Kommunikation ange­wiesen, da wir ja selbst in uns auch durch die Nervenzellen und ihren Informa­tionsaustausch und -verarbeitung unser eigentliches immaterielles Wesen als Mensch und als Persönlichkeit erfahren und ständig umgestaltet werden. Hier lernen wir auch das Vertrauen in uns selbst, den Bestand unserer Individualität, unserer Würde als Mensch und des Kernes unserer Individualität, unserer See­le.


Nach außen vertrauen wir auf die Erkenntnisse der modernen Wissenschaft und ihre korrekte Darstellung. Mit Hilfe der heutigen Mathematik bilden wir Gleichnisse und Systeme aus den Errungenschaften der Kosmologie, der Mikro­biologie und der Kernphysik. Nur durch diese Erkenntnisse können wir entge­gen unserer elementaren Erfahrungen formulieren, dass es überhaupt keine kausalen Zusammenhänge in der von uns beobachteten Welt gibt, sondern nur Wahrscheinlichkeiten. Es gibt nur consecutio und conditio aber nicht causa. Die Zeit kommt dabei als ablaufende Zeit gar nicht vor. Die Physiker heute be­schreiben uns die Welt aus Information (immateriell), Raum (dreidimensional, immateriell), Zeit (2 Sorten, immateriell) und Energie (immateriell und in ver­dichteter Form als Materie). Andere Denkmodelle sehen die Bausteine der Atomkerne, die Quarks, nochmals aus multidimensional verketteten Strings zu­sammengesetzt und wollen damit die Formeln der Kernphysik und Kosmologie vereinigen.


Ohne die in allen Erscheinungsformen dieser Welt erkennbare strukturbildende Information ist sie nicht entstanden und auch als solche gar nicht erkennbar. Der universale Evolutionsprozess ist ohne überlagerte und zugrunde liegende immaterielle Information in dem von uns beobachteten Universum unmöglich.


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Unsere Erkenntnis ist mangelhaft. Wegen zu geringer Erkenntniskraft in der mit unserem Verstand möglichen Auswertung von Bildern können wir auf die wirklichen Inhalte der Originale nur grob rück schließen, denn wegen der oben beschriebenen grundlegenden Invarianz der Grundstrukturen bei Abbildungen und Vereinfachungen bleiben uns die Einzelheiten der immateriellen Wirklich­keit unseres Universums verborgen. Jetzt suchen die Kosmologen nach der ver­borgenen Energie und Materie, die der Gravitation entgegenwirkt und damit die Ursache für das Auseinanderdriften des Weltalls erklärt. Für Einstein war die Gravitation eine Eigenschaft des in sich gekrümmten Raum-Zeit-Kontinu­ums. Die Krümmung muss aber generell nicht konkav ähnlich einer Kugel sein, sondern kann auch hyperbolisch in die Unendlichkeit ausufern. Wir müssen ver­trauensvoll auf die nächsten bahnbrechenden Ergebnisse der Forschung über unser Universum warten.


Unsere Erkenntnis über uns selbst aber ist auch mangelhaft. Wir wissen, dass auch unsere Wesenhaftigkeit nur ein Bild über uns selbst ist. Die moderne Tie­fenpsychologie und Neurologie verbunden mit den Informationsinhalten, die uns die Mikrobiologie liefert, fördern zutage, dass mit den 3 Millionen Genen und Milliarden möglicher Anordnungen von Eiweisskomplexen in der Umge­bung der Zellkerne Größenordnungen von Informationsstrukturen in uns vor­handen sind, die wir niemals voll begreifen können, da es wahrhaft astronomi­sche Zahlen unterschiedlicher Evolutionsvariationen sind. Wir können nicht ent­tarnen, wie wir mit den Kräften im Weltall verbunden sind. Wir wissen aber, dass es uns gibt, einfache Bilder einer Wesenhaftigkeit in unserem Universum, denen nicht zugemutet wird, dass sie alles begreifen, sondern darauf vertrauen dass sie als freie immaterielle Geschöpfe mit einer eigenen Individualität und Fähigkeit zur Kommunikation nicht in einem Nichts verloren sind.


So, lieber Rolf, nun kennst Du mein Menschenbild. In der Bibel lesen wir: „Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn.“ Hier gibt es keinen Widerspruch zu den Erkenntnissen der modernen Wissenschaft. Die zeitlose, unvergängliche und immaterielle Wesenhaftigkeit des Schöpfers ist auch heute mit unseren weit reichenden naturwissenschaftlichen Erkenntnissen als Grundstruktur unseres relativ noch armen Wissensstandes über die Welt besser erkennbar als je zuvor.


Die Erkenntnisse über uns selbst zeigen deutlich, dass unser Menschenbild mit dem Gottesbild eng verbunden ist. Die Anhänger einer rein materialistisch und kausal verstandenen Welt, die den Schöpfer – auch als ethische Instanz für das

(Zusammen-)Leben der Menschen leugnen, stehen nicht nur außerhalb der heu­tigen Erkenntnisse aller Wissenschaft, sondern nehmen dem Menschen als zu­fällig entstandenes Produkt einer mechanistisch gedachten Welt auch seine Würde, in dem sie ihn als mehr oder weniger austauschbar erachten.


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Soziale Verantwortung für vernunftbegabte Wesen dieser Erde ohne ein liebe­volles Verhältnis zum Mitmenschen als individuelles Geschöpf, Bild und Kind unseres Schöpfers kommt nahe an die Fürsorge durch einen Tierschutzverein heran, der selbstherrlich die Kriterien dafür entwickelt. Auch die weiter gereif­ten Ziele für ein humanistischen Weltbild und die daraus abgeleiteten ethischen Normen für das Leben der Menschen auf diesem Planeten bergen da, wo sie gottlos sind, die Gefahr in sich, zur Doktrin für Egoismus, Diskriminierung und Selbstüberschätzung für Einzelne oder Gruppeninteressen zu werden.


Damit kommen wir zu der Erkenntnis, warum die Zahl der Menschen, die Gott als Schöpfer nicht anerkennen wollen, relativ hoch ist. Das liegt darin begrün­det, dass sie entweder die grundsätzliche Beschränkung der Erkenntniskraft des Menschen nicht akzeptieren wollen oder es mit ihrem eigenen Selbstver­ständnis nicht in Vereinbarung bringen, dass sie zwar frei und eigenverant­wortlich aber dennoch einer höheren Autorität unterstellt sind. Sie wollen sich nicht erniedrigen (lassen). Andere, die sich uneigennützig für andere Menschen aufopfern sind eben einfach dumm wie jene, die sich vor Gott verantwortlich fühlen und ihm vertrauen.


So, liebe Marlies, lieber Rolf, jetzt sind es doch 8 Seiten geworden, aber man­che Fragen lassen sich nicht nur mit „ja“ und „nein“ beantworten. Jetzt bitte mich nicht, Euch auch einen Katechismus zu zu senden. Wenn Du ihn nicht mehr hast, dann geht Ihr am Sonntag in die Kirche und schlagt das Gesangbuch auf, dort steht alles drin – oder nehmt einfach die Bibel aus dem Regal und lest die Weihnachtsgeschichte beim Evangelisten Lukas. Dieses Jesuskind war ein Mensch wie wir – und doch mehr als wir vom Geist des Schöpfers durchdrun­gen.


Mit herzlichen Grüßen an Euch alle, Groß und Klein Alt und Jung


Euer Klaus